Mit Inkontinenz leben

Rund 2 % der Erwachsenen sind in Deutschland noch Bettnässer. Ich bin einer davon und möchte berichten, wie man mit Inkontinenz leben kann. Windeln bestimmen zumindest in der Nacht meinen Alltag. Ohne eine Windel würde ich in einem See aufwachen. Unangenehme Gerüche würden sich breit machen und nasses Bettzeug sowie Schlafanzug wäre die Folge, was auf Dauer recht frustrierend und nervig werden kann. Zudem auf Dauer auch unhygienisch wird. Da schlafe ich lieber in einer nassen Windel.

Für meine Eltern war es damals normal, mich mit über fünf Jahren noch zu wickeln, schon damals brauchte ich eben mehr Zeit um trocken zu werden. Manchmal musste ich sogar tagsüber welche tragen. Mein Bruder hat es bereits mit 2 Jahren geschafft von der Windel loszukommen. Klar wollte ich auch schnellstmöglich trocken werden, was mir nicht gelang. Die praktischen Vorzüge einer Windel erkannte ich bereits in meiner Kindheit und fand Windeln mit der Zeit gar nicht mehr so schlimm. Ich fand sogar später Gefallen daran. Schon im Kleinkindalter wurde ich zum Windelliebhaber.

Im Teenageralter wurde ich später Rückfällig. Mit den ich wohl heute leben muss. In den eigenen vier Wänden, sprich in meiner Wohnung, bekommen die wenigsten etwas von meinen Blasenproblemen mit. Selbst vor meinen Eltern, konnte ich es in den ersten drei Jahren verheimlichen, das ich nachts wieder ins Bett mache und zur Sicherheit eine Windel trage. Obwohl ich mittlerweile beim Arzt war, konnte dieser nur eine zu kleine Blase feststellen. Er sieht die Ursache im Zusammenhang meines Tiefschlafs. Mein Gehirn sendet falsche Signale zur Blase. Von dem zahlreiche Untersuchungen – empfand ich die Blasenspiegelung am schlimmsten.

Über die Jahre kam eine Reizblase hinzu, was die Folge hat, das ich öfters aufs Klo muss, als beispielsweise meine Freunde. Auf Windeln möchte ich tagsüber jedoch nur in Ausnahmefällen zurückgreifen, obwohl ich die wirklich gerne trage. Seit dem Arztbesuchen wurde das Thema bei meinen Eltern totgeschwiegen und kam auch vor Bekannten und Freunden nicht zur Sprache. Übernachtungen außerhalb kamen vorerst nicht in Frage. Die wenigsten wussten von meinem Problem. Die Scham und das Risiko war mir wahrschein zu groß, sich in Windeln outen zu müssen. Dank der Windel sind Übernachtungen für mich stressfrei möglich. Peinliche Unfälle kommen somit selten vor. Obwohl die Windel mein Leben prägt, lasse ich mich von meiner Blasenschwäche jedenfalls nicht einschränken. Viele meiner Freunde haben sich mittlerweile daran gewöhnt und unterstützen mich. Man muss mit offenen Karten spielen.

Aufgrund meiner Vorliebe zu Windeln, gehe ich mit meiner Harninkontinenz viel lockerer um, als vielleicht andere Betroffene es tun. Deshalb kann es durchaus vorkommen, dass ich mich von einigen meiner Freunde, nachts wickeln lasse oder mir die benutze Windel am Morgen ausziehen. Mich stört das nicht. Habe sogar Gefallen daran. Man muss sich nicht unbedingt wickeln lassen, man sollte das TABU-Thema dennoch brechen und darüber reden. Viele Betroffene schweigen lieber darüber und kapseln sich vom sozialen Leben ab. Ich finde, es ist der falsche Weg.

Natürlich finden die wenigsten es cool oder erotisch, wenn jemand noch in Windeln schlafen muss und regelmäßig einnässt. Es gibt auch Menschen den es eben nicht stört. Dennoch hat man es bei der Partnersuche deutlich schwieriger. Obwohl vor allem jüngere Menschen mit dem Thema Inkontinenz und Windeln mittlerweile toleranter umgehen. Der Weg ist dennoch steinig eine Frau kennenzulernen geschweige zu treffen. Gibt auch wenig Möglichkeiten. In Selbsthilfegruppen findet man, wenn überhaupt nur ältere und auf Stammtischen oder Windeltreffen trauen sich die meisten erst gar nicht hin. Auf eine reine Männerbeziehung möchte ich mich trotzdem nicht einlassen.

Ich kann eigentlich zum Glück sagen, dass ich tagsüber trotz Reizblase selten Windeln tragen muss. Was vor das Arbeiten erleichtert. Auf langen Ausflügen und Reisen bin ich zur Sicherheit immer gewickelt. So schütze ich mich vor peinlichen Unfällen in der Öffentlichkeit. Zudem erspare ich mir viele lästige Toilettengänge. Aus Erfahrung kann ich sagen, das Windeln unter normaler Straßenkleidung nahezu unsichtbar sind. Bis jetzt wurde ich noch nie darauf angesprochen. Neugierige Blicke ernte ich jedoch schon mal, wenn sie mal zum Vorschein kam. Grade bei heißen Tagen, verzichte ich gerne auf Bodys und Boxershorts.

Es gab nur wenige Momente in meinem Leben, wo mir mein Bettnässen wirklich peinlich war. Ich kann mich an zwei Situationen erinnern, was mir regelrechte Kopfschmerzen bereitete. Wer auf Windeln oder andere Hilfsmittel angewiesen ist, muss diese natürlich auch dann tragen, wenn man außerhalb oder bei Fremden übernachten möchte. Beispielsweise während des Wehr- oder Zivildienstes. Das Risiko das mich Fremde in Windeln sehen könnten, wollte ich nicht eingehen und habe mich befreien lassen. Ja, es ist möglich. Allein die Logistik und Entsorgung würde eine große Herausforderung darstellen. Vom Wickeln mal abgesehen.

Leider kam man sowas nicht immer vermeiden. Spätestens wenn man ins Krankenhaus muss. Als fest stand, dass meine Mandeln entfernt werden mussten, blieb mir halt nichts anderes übrig. Vor der Mandel-OP konnte ich mich gut vorbereiten. Für den Aufenthalt versorgte ich mich selbst, obwohl Windeln in Krankenhäuser recht normal sind. Wenn ich zurück denke, waren die Sorgen das mich jemand in Windeln sehen könnte, viel größer, als der komplette Aufenthalt. Von den schmerzen mal abgesehen. Trotzdem war ich regelrecht überrascht, als die Schwestern und Praktikantin mich wickeln wollten. Normalerweise hätte ich es über mich ergehen lassen, wenn sonst niemand im Zimmer war, was nicht der Fall war. Später musste ich mit einem starken Hitzschlag nochmals ins Krankenhaus.

Man muss seine Blasenschwäche und Windeln nicht jeden unter die Nase reiben. Geschweige sich wickeln lassen. Dennoch muss es heute niemand peinlich sein. Inkontinenz ist eine Volkskrankheit und könnte jeden treffen.  Hilfsmittel wie Windeln erleichtern die Teilnahme in der Gesellschaft. Auch wenn die Krankenkasse nicht zahlen möchte. Ich finde es gibt schlimmeres im Leben. Ich beziehe meine Windeln überwiegend aus dem Internet oder im Sanitätshaus im Ort. Vielleicht hätte ich mittlerweile eine Freundin, wenn ich den Zivildienst angetreten hätte. Hoffe dir hat mein Erfahrungsbericht gefallen.