Inkontinent nach Krebstherapie?

Die Nachsorge einer Tumortherapie ist ganz essentiell, denn immer wieder stehen Patienten nach überstandenem Krebsleiden vor einer weiteren Herausforderung: Inkontinenz. Sie belastet Betroffene enorm und begleitet sie oft ihr Leben lang – was nicht sein müsste, denn in fast allen Fällen kann eine durch z.B. Operation oder Bestrahlung beschädigte Blase oder ein Schließmuskel wiederhergestellt werden. Ihre heurige Jubiläumstagung widmete die Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ) diesem wichtigen Thema und stellte die Fortbildungsveranstaltung unter das Motto „Tumortherapie und Kontinenz“. Zwei Tage lang informierten führende Experten aus dem In- und Ausland aus Perspektive aller relevanten Fachbereiche.

Eine Krebsdiagnose ist ein einschneidendes Ereignis im Leben von Betroffenen. Nach dem ersten Schock hat für den Patienten natürlich der Kampf ums Überleben oberste Priorität. Und dann: Krebs behandelt, alles gut? Nicht ganz, denn die in der Behandlung notwendigen Eingriffe eines Unterleibskrebs wie ein Tumor an der Prostata, der Blase, am Darm oder an der Gebärmutter können selbst bei erfolgreicher Therapie der Tumorerkrankung zu äußerst belastenden Nebenwirkungen, wie der Inkontinenz, führen. Im Rahmen ihrer 25. Jahrestagung war es der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ) wichtig aufzuzeigen, dass von ärztlicher Seite nicht nur die chirurgische und onkologische Expertise gefragt ist, sondern auch die Lebensqualität des Patienten in der Nachsorge einen großen Stellenwert haben sollte.

„Am häufigsten tritt die Inkontinenz als Folge einer Prostata-Operation auf“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Wilhelm A. Hübner, Leiter der Abteilung für Urologie am Krankenhaus Korneuburg und Kongresspräsident der heurigen Tagung. „4 bis 60 Prozent aller Männer, deren Prostata entfernt werden musste, leiden danach an Blasenschwäche. Die Häufigkeit ist glücklicherweise abnehmend, da die Operationstechniken immer besser und damit schonender für die Patienten werden.“

Meist sind Operation oder Bestrahlung Ursache
Die Ursachen der Harninkontinenz reichen von der erwähnten Entfernung der Prostata, einer Schädigung der Blase oder ihres Schließmuskels durch einen operativen Eingriff bzw. Bestrahlung über Einengung der Harnröhre, die zu einer Überlaufinkontinenz führen können, bis hin zu Fistelbildungen zwischen Darm und Harntrakt.
„Bei der Stuhlinkontinenz kann der Enddarm durch den Tumor selbst seine Reservoirfunktion verlieren. Oder aber der Schließmuskel bzw. der Enddarm werden durch eine Operation oder durch Bestrahlung geschädigt“, ergänzt die Proktologin Dr. Ingrid Haunold, leitende Oberärztin der Chirurgischen Abteilung am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien und ebenfalls Kongresspräsidentin.

Was man (selbst) tun kann
Am wichtigsten ist, die Inkontinenz nicht als das geringere Übel oder als Schicksal hinzunehmen, sondern einen Arzt um Rat zu bitten. Die Behandlungsmethoden sind vielfältig und richten sich nach der Ursache. So kann etwa konsequentes Beckenbodentraining erfolgversprechend sein. Die Übungen werden von spezialisierten Physiotherapeuten angeleitet und können dann selbstständig zuhause durchgeführt werden. Ist dieses Training nicht ausreichend, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, medikamentös oder operativ zu behandeln. „Grundsätzlich ist es heute in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle möglich, die Kontinenz wieder herzustellen. Operationstechniken, wie die Implantation von hydraulischen Schließmuskeln, von Schlingen, die die Harnröhre stützen, oder von Ballons, die den Platz der Prostata einnehmen, werden immer schonender und bedeuten für die betroffenen Patienten in der Regel eine enorme Verbesserung der Lebensqualität. Sie sollten daher auch in der Palliativsituation nicht verweigert werden“, so Hübner.

MKÖ feiert 25 Jahre
Die MKÖ ist eine Vereinigung von hochspezialisierten Ärztinnen und Ärzten, Schwestern, Pflegern, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Seit nunmehr 25 Jahren ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft in der Fortbildung der mit dieser Thematik befassten Fachgruppen aktiv, um Betroffenen entsprechend den modernsten Erkenntnissen der Medizin zu helfen. Weiters ist die MKÖ in der Information und Beratung von Betroffenen und deren Angehörigen engagiert. Dieses Engagement ist seit Bestehen der Gesellschaft ungebrochen.

Linktipp
Information zu allen Angeboten der MKÖ gibt es auf www.kontinenzgesellschaft.at