Zweites Johanniter-Pflegeforum in Berlin

Im Rahmen des zweitägigen Fachtags „Ambulante Angebote“ der Johanniter-Unfall-Hilfe fand am 10. November das zweite Johanniter-Pflegeforum in Berlin statt. Bei der Podiumsdiskussion ging es sowohl um die Herausforderungen der Gegenwart als auch um die zukünftige Ausgestaltung der pflegerischen Versorgung in Deutschland. Auf dem Podium diskutierten Kordula Schulz-Asche (MdB), Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstands der Johanniter-Unfall-Hilfe, Dorothee Lerch, Ordensoberin der Johanniter Schwesternschaft, und Katalin Soppart, Geschäftsbereichsleitung Soziale Dienste im Landesverband Niedersachsen/Bremen der Johanniter-Unfall-Hilfe.

In ihrem übermittelten Grußwort wies Claudia Moll, Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, auf den Wunsch der meisten Pflegebedürftigen hin, zuhause versorgt zu werden. „Es ist die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen nach diesem Wunsch zu gestalten und die ambulante Pflege weiter zu stärken.“

Drei Themenkomplexe standen im Fokus der Diskussion:

1. Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen

Zu der geplanten Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich erklärte Kordula Schulz-Asche: „Der Pflegeberuf muss gerade für jüngere Menschen attraktiver werden, um den Fachkräftemangel in der Pflege auszugleichen. Deshalb sind die Aufwertung des Berufs und die Wertschätzung durch gute Löhne, familienfreundliche Arbeitszeiten und die Möglichkeit der Weiterqualifikation im Berufsleben maßgeblich für eine Pflege, die die Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt stellen kann.

2. Auswirkungen des demografischen Wandels

Bis zum Jahr 2030 könnte die Anzahl der Pflegebedürftigen nach aktuellen Berechnungen auf bis zu 6 Mio. Menschen ansteigen. Zeitgleich fehlen dann voraussichtlich Hunderttausende Pflegekräfte. In der

Diskussion wies Jörg Lüssem auf die zentrale Herausforderung des Fachkräftemangels hin:

„Wir müssen mehr Menschen für den Pflegeberuf gewinnen, etwa durch eine verbesserte Ausbildung und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Wir möchten erreichen, dass die Pflegenden sich in ihrem so wichtigen und sinnstiftenden Beruf mit positiver Kraft für die Pflegebedürftigen einsetzen können. Daher gehen wir mit der Politik in einen neuen Dialog, um gemeinsam Lösungen zu finden.“

Auf die Frage, wie die Politik auf diese Herausforderungen reagiert, sagte Kordula Schulz-Asche:

„Wir stehen am Anfang der demografischen Zuspitzung. In der nachfolgenden Generation wird es eine große Konkurrenz um Fachkräfte geben. Wir brauchen eine Strukturreform hin zu einer Stärkung der Kommunen, damit sie mehr Verantwortung bei der Sicherstellung auch bei ambulanten Angeboten vor Ort übernehmen können. Die positive Wahrnehmung des Pflegeberufs in der Gesellschaft ist dafür eine wichtige Voraussetzung.“

3. Digitale Assistenzsysteme

Ein Ziel der Bundesregierung ist es, Innovationen und die Digitalisierung im Bereich Pflege und Gesundheit voranzutreiben. In der Praxis zeigt sich, dass es immer wieder Verzögerungen gibt. Frau Schulz-Asche betonte, dass die Digitalisiserung eine riesige Chance für den Pflegebereich sei, Deutschland aber im Vergleich mit anderen Ländern noch Nachholbedarf habe. Gerade für die ambulante Pflege sei es wichtig, ein Regelwerk aufzustellen, um die Anerkennung von digitalisierten Hilfsmitteln voranzutreiben und damit den Pflegeberuf zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Weitere Forderungen der Johanniter-Unfall-Hilfe sind:

  • Pflegebedürftigkeit darf nicht zur Altersarmut führen.
  • Kommunen müssen stärker in die Pflicht genommen werden.
  • Image und Arbeitsbedingungen der Pflege müssen verbessert werden.
  • Die Schließung der Gehaltslücke zwischen Krankenpflege und Altenpflege muss zeitnah umgesetzt werden.
  • Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ muss stärker gelebt werden.
  • Durch weniger Bürokratie kann mehr Zeit für Patienten geschaffen werden.
  • Die Kostensteigerungen in den Pflegediensten dürfen nicht von den zu Pflegenden getragen werden.

Über das Johanniter-Pflegeforum
Mit dem neu gegründeten Format wollen die Johanniter die Pflege als zentrales politisches und gesellschaftliches Thema in den Fokus rücken. Die Johanniter verstehen sich als Bindeglied zwischen den Pflegebedürftigen, Angehörigen und professionell Pflegenden sowie der Politik und möchten mit dem Johanniter-Pflegeforum den gemeinsamen Austausch zu pflegepolitischen Themen stärken. Als große Organisation in der Sozialwirtschaft mit 154 ambulanten Pflegestationen, knapp 3.700 Mitarbeitenden und rund 18.000 durchschnittlich im Monat versorgten pflegebedürftigen Menschen ist die JUH nah an den Bedürfnissen und Wünschen der zu Pflegenden und ihren Angehörigen. Zum Auftakt diskutierten am 22. August 2022 in Hannover mit Prof. Dr. Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, Stephan Weil, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, mit weiteren Pflegeexpertinnen der Johanniter darüber, wie gesamtgesellschaftlich mit diesem wichtigen Thema umgegangen werden soll.