Die Pflege und Begleitung von Menschen am Lebensende ist ein wesentlicher Bestandteil des Alltags in deutschen Pflegeheimen. Rund jeder dritte innerhalb eines Jahres verstorbene AOK-Versicherte lebte in einem Pflegeheim. Deutlich mehr als die Hälfte von ihnen wurde in den letzten zwölf Wochen vor dem Tod mindestens einmal in ein Krankenhaus verlegt. Das zeigt eine Auswertung für den aktuell erschienenen Pflege-Report 2022 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Neben der Versorgung am Lebensende thematisiert der Report in insgesamt 16 Fachbeiträgen weitere spezielle Versorgungslagen in der Langzeitpflege.
Auf Basis von AOK-Routinedaten beleuchtet der Pflege-Report, der vom WIdO in Kooperation mit Professorin Adelheid Kuhlmey von der Charité Berlin und Professor Stefan Greß von der Hochschule Fulda herausgegeben wird, Krankenhaus-Verlegungen von Pflegeheimbewohnenden unmittelbar vor dem Lebensende. Eine ergänzende Befragung von 550 Pflegefach- und Assistenzpersonen zeigt die Diskrepanz zwischen Versorgungswunsch und -wirklichkeit.
Ein Indikator für die Versorgungsqualität bei Pflegeheimbewohnenden vor dem Versterben sind Krankenhauseinweisungen: Auf Basis von Routinedaten wurde deshalb eine Studienkohorte von Pflegeheimbewohnenden gebildet und rückwirkend geschaut, ob diese in ihren letzten zwölf Lebenswochen mindestens einen Krankenhausaufenthalt aufwiesen. Es zeigt sich: Bei deutlich mehr als der Hälfte aller Pflegeheimbewohnenden traf dies zu – 2018 und 2019 betrug der Anteil 56 Prozent. Die Krankenhausaufenthalte der betrachteten Kohorte verdichten sich dabei kurz vor dem Tod. Mehr als ein Drittel der Pflegeheimbewohnenden befand sich in der letzten Lebenswoche für mindestens einen Tag im Krankenhaus. In den Jahren 2018 und 2019 lag dieser Anteil bei 33 Prozent.
Die Analysen der Abrechnungsdaten wurden zudem um eine Befragung ergänzt. Von März bis Mai 2022 antworteten rund 550 Pflegende, größtenteils Pflegefach- und Assistenzpersonen, auf einen Online-Fragebogen zu den Rahmenbedingungen der Versorgung am Lebensende in Pflegeheimen. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass viele Bewohnende am Lebensende in ein Krankenhaus eingewiesen werden, obwohl dies nach ihrer Einschätzung nicht im besten Interesse der Versterbenden ist. Sieben Prozent geben an, dass sie dies „wöchentlich“ und häufiger beobachten. Aufhorchen lässt zudem: Die deutliche Mehrheit der Befragten beobachtet, dass sich das Behandlungsteam auf Druck der Angehörigen für belastende beziehungsweise lebensverlängernde Behandlungen entschied, obwohl die Patientenverfügung ein anderes Vorgehen nahegelegt hätte. Knapp jeder sechste der Befragten nimmt dies sogar monatlich oder häufiger wahr.
Spezielle Versorgungslagen in der Langzeitpflege als Themenschwerpunkt
Ein Schwerpunkt des Pflege-Reports, der jährlich in Buchform und als Open-Access-Publikation erscheint, liegt 2022 auf der Versorgung von Pflegebedürftigen, die nicht – wie im „Normalfall“ – aus altersassoziierten Gründen Unterstützungsbedarf aufweisen. Fast ein Fünftel der Pflegebedürftigen ist noch keine 60 Jahre alt. Neben Kindern und Jugendlichen zählen hierzu auch Erwachsene im erwerbsfähigen Alter oder Menschen mit speziellen Grunderkrankungen wie beispielsweise frühen Demenzen, Beatmungspflicht oder Menschen mit Behinderungen. Alle diese Betroffenen fallen letztlich mit ihren spezifischen Bedarfen durch das Raster der „Altenpflege“. Die 16 Fachbeiträge des Pflege-Reports widmen sich ihren konkreten Versorgungs- und weiteren Unterstützungsbedarfen und wie diese gezielt gedeckt werden können: in Bezug auf das geeignete häusliche oder außerhäusliche Pflegesetting sowie hinsichtlich der erforderlichen Qualifizierung und Unterstützung informeller wie professioneller Pflegekräfte.