Inkontinenzversorgung ohne Zuzahlung

Wenn Menschen aufgrund ihres Alters oder einer Erkrankung nicht mehr in der Lage sind, ihre Ausscheidungen zu kontrollieren und zu halten, spricht man von Inkontinenz.
Obwohl dieses Thema fast jede vierte Frau und jeden achten Mann Deutschlands betrifft, wird noch immer nicht offen darüber gesprochen. Die Betroffenen schweigen aus Scham und nehmen aufgrund der Symptome oft nicht mehr am sozialen Leben teil. Sie meiden den Kontakt zu Mitmenschen aus Angst, dass jemand ihre Schwäche entdecken könnte.
Dabei können die Symptome einer Inkontinenz mithilfe von Inkontinenzhilfsmitteln ganz einfach gelindert werden und ermöglichen den Versicherten ein Leben nahezu ohne Einschränkungen.
Wer bezahlt die Versorgung mit Inkontinenzhilfsmitteln?
Nach §33 SGB 5 hat grundsätzlich jeder Versicherte Anspruch auf eine regelmäßige und ausreichende Versorgung von Inkontinenzhilfsmitteln, die nach ärztlicher Verordnung auch von der Krankenkasse bezahlt werden.
Laut einer Empfehlung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) stehen jedem Versicherten eine Menge von etwa vier bis fünf Einlagen oder Windeln pro Tag zu (120 bis 150 pro Monat). Wer aus medizinischer Sicht jedoch eine höhere Anzahl an Produkten benötigt, hat auch Anspruch auf Erstattung durch die Krankenkasse.
Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse
Die Krankenkasse übernimmt unter gewissen Voraussetzungen die Kosten für Inkontinenzprodukte.
Die notwendigen Umstände für eine Verordnung wurde in drei Fallgruppen unterteilt.
Fallgruppe 1:
Die verordneten Inkontinenzhilfsmittel dienen dazu dem Versicherten zu ermöglichen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Der Patient ist aufgrund der Hilfsmittel in der Lage selbständig einzukaufen, mit anderen Personen zu interagieren oder ins Theater zu gehen.
Fallgruppe 2:
Die Inkontinenzhilfsmittel werden für Blasen- und Darmschwächen im Zusammenhang mit der Behandlung bestimmter Erkrankungen benötigt, wie etwa einer Prostataentfernung, Bandscheibenvorfällen oder einer Dekubitusbehandlung.
Fallgruppe 3:
Die Inkontinenzeinlagen dienen zur Vorbeugung von Hauterkrankungen infolge der Inkontinenz und werden in erster Linie bei geistiger Behinderung, Demenz oder schwerwiegenden Funktionsstörungen benötigt.
Personen, die einen anerkannten Pflegegrad von 1 – 5 haben und im häuslichen Umfeld betreut werden, haben Anspruch auf eine monatliche Pauschale in Höhe von 40 EUR für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel. Informieren Sie sich hier zum Medi-Paket.
Das neue Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG)
Im April 2018 wurde ein neues Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) verabschiedet, welches die Versorgung mit Heil- und Hilfsmittel für im Alltag eingeschränkte Personen erleichtern soll. Dazu zählen auch Inkontinenzhilfsmittel, die den Versicherten, laut dem neuen Gesetzestext, ohne Zuzahlung von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Versicherte müssen eventuelle Mehrkosten für ein höherwertiges Produkt nur dann selbst übernehmen, wenn dies nicht auf dem Rezept vermerkt ist. Alle Inkontinenzprodukte, die aus medizinischer Sicht notwendig sind und von einem Arzt verordnet wurden, müssen von der Krankenkasse erstattet werden.
Warum zahlen viele Patienten ihre Inkontinenzhilfsmittel nach wie vor selbst?
Die Krankenkassen haben mit verschiedenen Lieferanten Versorgungsverträge über einen fixen Betrag pro Monat geschlossen. Dieser besagt, dass der Lieferant die Patienten mit der nötigen Menge an Inkontinenzmaterialien versorgt, egal ob der Betroffene nur an einer leichten Form der Inkontinenz leidet und daher auch eine geringere Menge an Hilfsmaterialien benötigt oder an einer schweren Form der Inkontinenz, wobei natürlich auch eine höhere Menge an Einlagen notwendig sind.
Daher versuchen nach wie vor einige Lieferanten Patienten, die einen höheren Bedarf an Inkontinenzmaterial haben, die Mehrkosten an diese weiter zu verrechnen. Manche Lieferanten weigern sich auch die Versicherten zu den vereinbarten Konditionen mit den notwendigen Materialien zu versorgen und das, obwohl sie rein theoretisch laut Vertrag mit der Kasse dazu verpflichtet sind.
Aus Unwissenheit zahlen viele Patienten die Mehrkosten für einen höheren Bedarf oder für eine bessere Qualität der Produkte. Dies jedoch völlig zu Unrecht. Denn, jeder Versicherte, der aus medizinischen Gründen eine gewisse Anzahl an Inkontinenzhilfsmitteln benötigt, hat auch Anspruch darauf – und zwar ohne Zuzahlung!
Was können Patienten tun, um ihre Ansprüche durchzusetzen?
Erfüllt der Lieferant nicht die vertraglich vereinbarte Versorgung mit den verordneten Inkontinenzhilfsmitteln, bleibt nur die Beschwerde bei der Krankenkasse. Diese muss die notwendige Versorgung mit Hilfsmitteln zur Inkontinenz sicherstellen.
Wichtig ist, dass Patienten keine Erklärungen, wie den Wunsch auf höherwertige Versorgung unterschreiben, denn dann kann es passieren, dass sie auf den Kosten sitzenbleiben.
In schwierigen Fällen kann auch ein Wechsel des Leistungserbringers sinnvoll sein. Hierzu ist ein schriftlicher Antrag unter Nennung der Gründe, bei der zuständigen Krankenkasse einzubringen.