Hilfsmittelversorgung soll sich am Patienten orientieren

In der komplexen Landschaft der Gesundheitsversorgung stellt die aktuelle Struktur aus über tausend individuellen Verträgen und Kostenvoranschlägen eine beträchtliche Herausforderung dar. Diese Fragmentierung erschwert nicht nur den Vergleich und die Kontrolle der Leistungen für Kostenträger, Betriebe und Patientinnen und Patienten, sondern führt auch zu einer ineffizienten und bürokratischen Last. Um diese Problematik anzugehen, wird die Einführung von übergreifenden Leitverträgen für jeden Versorgungsbereich gefordert. Diese sollen von den Kostenträgern und den Spitzenorganisationen der Leistungserbringer ausgehandelt werden, um so Transparenz zu schaffen und die Bürokratie zu reduzieren.

Leitverträge versprechen, Leistungsumfänge sowie Ergebnisqualität klar zu definieren und einheitliche Standards für eine wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung zu setzen. Sie orientieren sich dabei am Primat einer qualitätsgesicherten, flächendeckenden und wohnortnahen Versorgungsstruktur sowie an einer starken Selbstverwaltung. Diese Maßnahmen ermöglichen ein effektives Qualitätscontrolling durch die Krankenkassen und entsprechen den Grundsätzen des Sozialgesetzbuchs, indem sie eine gleichartige, wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung nach dem aktuellen medizinischen Stand garantieren.

Zur Lösung von Vertragsstreitigkeiten wird die Einrichtung eines paritätisch besetzten Vertragsausschusses vorgeschlagen, der eine schnelle Problemlösung ermöglichen soll. Zusätzlich soll eine ständige paritätische Schiedsstelle bei Verhandlungsabbrüchen und drohenden Versorgungslücken vermitteln und verbindliche Versorgungsverträge festlegen.

Die Präqualifizierung (PQ) bestätigt derzeit die Eignung eines Leistungserbringers in der Hilfsmittelversorgung, bindet die tatsächliche Versorgungstätigkeit aber an einen Vertrag mit einem Kostenträger. Viele Einrichtungen stehen vor dem Problem, in der zersplitterten Vertragslandschaft wirtschaftlich nicht alle Versorgungsverträge vergleichen oder verhandeln zu können. Die Forderung lautet daher: Wer eine PQ erwirbt, sollte auch versorgen dürfen – und zwar gemäß der einheitlich geltenden Leitverträge.

Die Fokussierung auf Qualität und Patientenbedürfnisse

Aktuell richtet sich die Versorgungsqualität nach dem Hilfsmittelverzeichnis und den darin aufgeführten Medizinprodukten. Diese produktorientierte Herangehensweise vernachlässigt den Versorgungsprozess und die eigentlichen Versorgungsziele. Es wird gefordert, dass Prozesse und Ziele – unter Beachtung von Indikation und Lebensumfeld – in den Vordergrund gestellt werden, was für die Qualität der medizinischen Versorgung und für die Erfüllung der Teilhaberechte von Menschen mit Behinderung entscheidend ist.

Ein einheitlicher Vertrags- und Versorgungsstandard mit einem sektorenübergreifenden Ansatz kann die Grundlage für „Ambulant vor Stationär“-Konzepte bilden, die Pflege entlasten und Schnittstellenbrüche verhindern. Dafür ist die Einbeziehung der Expertise der Leistungserbringer essenziell. Zusätzlich wird das Recht auf Mitbestimmung über die GKV-Leistungen für Versicherte im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem höchsten Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, gefordert.

Die Umsetzung dieser Forderungen könnte einen signifikanten Schritt hin zu einer gerechteren, effizienteren und patientenorientierten Gesundheitsversorgung darstellen, indem sie die aktuelle Zersplitterung überwindet und allen Beteiligten Klarheit sowie Sicherheit bietet.