Hilfsmittel-Verhandlungsverträge sind rechtmäßig

Krankenkassen zahlen für Hilfsmittel wie Windeln lediglich eine niedrige Pauschale. Das solche Verträge nicht rechtens sein können, liegt eigentlich schon klar auf der Hand. Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) und der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), haben sich für Verhandlungsverträge als erste Option in der Hilfsmittelversorgung ausgesprochen, um eine qualitative Versorgung der Patienten mit Hilfsmitteln sicherzustellen. Die Position mancher Krankenkassen, dass nur Ausschreibungen oder einseitige Open-House-Verfahren die vergaberechtlichen Vorgaben erfüllten, widersprechen dem klaren Willen des deutschen Gesetzgebers durch die gerade erst verabschiedete Hilfsmittelreform (HHVG), so BIV-OT-Präsident Klaus-Jürgen Lotz und BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt.

Zum Hintergrund: Das „Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetz“ (HHVG) ist im April 2017 in Kraft getreten. Ein wichtiges Ziel ist die Implementierung von Qualitätskriterien in Versorgungsverträgen sowie die nachgelagerte Kontrolle der Umsetzung der vereinbarten Kriterien. Auf der anderen Seite hat ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 21. Dezember 2016 zum Vergaberecht die Krankenkassen stark verunsichert. Einige Krankenkassen interpretieren das Urteil so, dass auch im Hilfsmittelbereich künftig nur noch Ausschreibungen oder Beitrittsverträge nach Open-House-Modell erfolgen müssen. Das Open-House-Modell bedeutet die einseitige Vorgabe der Vertragsinhalte und -preise ohne Möglichkeit der Verhandlung.

BIV-OT und BVMed halten Open-House-Verträge von Krankenkassen in der Hilfsmittelversorgung für unzulässig. Verträge nach § 127 Abs. 2 und 2a SGB V, die auf Grundlage vorheriger Verhandlungen zustande kommen und denen dann alle geeigneten Leistungserbringer beitreten können, seien als „lex specialis“ des Hilfsmittelbereichs dagegen explizit rechtskonform und weiterhin zulässig.

BIV-OT Präsident Klaus-Jürgen Lotz: „Es ist schon unglaublich wie sich eine Krankenkasse die Rechtslage auf ihre Bedürfnisse zurechtlegt und damit dem deutschen Gesetzgeber zeigt, wie gleichgültig ihr die geltende deutsche Gesetzeslage ist. Erinnert sei daran, dass die Krankenkasse als Körperschaft des öffentlichen Rechts eigentlich strikt an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung gebunden ist. Sie muss zwingend bestehende gesetzliche Regelungen einhalten. Dennoch setzt man sich, vermutlich geleitet von wirtschaftlichen Interessen, über bestehende gesetzliche Regelungen einfach hinweg. Wenn der Gesetzgeber hier nicht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln diesem Vorgehen Einhalt gebietet, wird in Zukunft die gesamte Gesetzgebung im Gesundheitswesen in Frage gestellt sein.“

BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt: „Das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz enthält viele Elemente, um eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten mit Hilfsmitteln im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu stärken. Das ist der richtige Weg. Open-House-Verträge dagegen, wie sie von manchen Krankenkassen beabsichtigt werden, konterkarieren den Willen des Gesetzgebers und müssen daher eingestellt werden. Erste Verhandlungsoption sollten nach wie vor Verhandlungsverträge sein.“