Etwa ein Viertel aller EPILOC-Studienteilnehmer/innen leidet sechs bis zwölf Monate nach einer Corona-Infektion unter erheblichen Symptomen, die die Gesundheit sowie die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen. Die vom Land Baden-Württemberg geförderte bevölkerungsbasierte EPILOC-Studie umfasste knapp 12.000 ehemals SARS-CoV-2 Infizierte im Alter von 18 bis 65 Jahren. Sie beschreibt Art und Stärke von Beschwerden, die nach der akuten Infektion auftraten, sowie deren Bedeutung für Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit auch noch Monate später. Die Ergebnisse wurden am 13. Oktober 2022 im renommierten British Medical Journal veröffentlicht.
„Obwohl wir die Tendenz vermutet hatten, waren wir doch sehr erstaunt, wie viele jüngere Personen mit zunächst unkomplizierter akuter SARS-CoV-2-Infektion ein Risiko für Long Covid haben“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Winfried Kern von der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg.
An der Studie waren außerdem die Universitäten Heidelberg, Tübingen und Ulm beteiligt. Die Studie wurde mit Hilfe der lokalen Gesundheitsämter im Umkreis der Universitätsstandorte durchgeführt.
Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Petra Olschowski sagte:
„Die wertvollen Erkenntnisse zur Art und Ausprägung verschiedener Beschwerden bei Long-Covid-Patienten sind ein wichtiger Schritt Richtung dringend benötigter Therapieangebote. Viruserkrankungen gerade im jungen Alter haben oft weitreichende Konsequenzen für Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit. Es ist uns ein großes Anliegen, mittels dieser Forschung die COVID-19 Folgeerkrankungen vor ihrer Manifestierung in den Griff zu bekommen und idealerweise daraus auch für die Behandlung anderer Erkrankungen zu lernen. Unsere Einrichtungen arbeiten hervorragend zusammen, um komplexe Herausforderungen wie Long-COVID zu enträtseln und anzugehen.“
Das Land unterstützt die EPILOC-Studie seit August 2021 bis November 2022 mit insgesamt 2,3 Mio. €. Auch die Weiterführung der Studie (EPILOC II) für weitere zwei Jahre soll ab dem Winter 2022 gefördert werden.
Vor allem chronische Müdigkeit/Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten oder Gedächtnisstörungen, Atembeschwerden und Kurzatmigkeit, veränderter Geruchssinn sowie Ängste und depressive Symptome gehörten auch sechs bis zwölf Monate nach akuter SARS-CoV-2-Infektion (COVID-19) zu den häufigsten Beschwerdekomplexen (Häufigkeit jeweils mehr als 20 Prozent).
Der Erstautor der Studie Dr. Raphael Peter vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm berichtet.
„Neurokognitive Beeinträchtigungen neben chronischer Müdigkeit hingen am stärksten mit einer verminderten Gesundheit und reduzierten Arbeitsfähigkeit bei Long-Covid zusammen. Und auch wenn wir eine mögliche Verzerrung durch eine selektive Teilnahme an der Studie annehmen müssen, bleibt trotzdem eine erhebliche Krankheitslast zurück.“ Die Studie hatte erstmals auch die minimal möglichen Häufigkeiten berechnet unter der Annahme, dass alle Nichtteilnehmer/innen keine Beschwerden hatten. Wissenschaftler Peter: „Eine extreme Annahme, aber die Wahrheit liegt wie oft irgendwo zwischen diesen Werten und den errechneten Häufigkeiten der Studienteilnehmer/innen.“
Die Autor/innen sind überzeugt, dass die Ergebnisse zum besseren Verständnis der persönlichen Risiken und der gesellschaftlichen Folgekosten von Long Covid beitragen werden. Sie können auch helfen, Rehabilitationsmaßnahmen zielgenauer einzusetzen. Ein Teil der Studienteilnehmer/innen wurden bereits in die jeweilige Universitätsklinik eingeladen, um das Krankheitsbild genauer zu untersuchen und die Mechanismen weiter aufzuklären (EPILOC-Phase 2). So sollen auch mögliche Ursachen und der längerfristige Verlauf der Beschwerden weiter geklärt werden.