Elf Jahre Patientenrechtegesetz

Heute vor elf Jahren (26. Februar 2013) trat das Patientenrechtegesetz in Deutschland in Kraft, ein Gesetz, das als wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Transparenz, Rechtssicherheit und Stärkung der Patientenrechte angesehen wurde. Elf Jahre später, kritisiert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, jedoch die ausbleibende Weiterentwicklung dieses Gesetzes. Trotz wiederholter Versprechen in Koalitionsverträgen und Zusicherungen von politischer Seite, ist eine notwendige Überarbeitung – oft als Patientenrechtegesetz 2.0 bezeichnet – noch immer nicht erfolgt. Die von Patientenbeauftragten vorgeschlagenen Änderungen, zum zehnjährigen Bestehen des Gesetzes formuliert, sind bisher unberücksichtigt geblieben.

Ein zentrales Problem in der aktuellen Rechtslage ist die Beweislast, die Patientinnen und Patienten tragen. Sie müssen nicht nur einen Fehler und daraus resultierenden Schaden nachweisen, sondern auch die direkte Verursachung des Schadens durch den Behandlungsfehler belegen. Ohne eine verpflichtende Offenlegung möglicher Fehler durch Behandelnde gestaltet sich dies oft als unüberwindbare Hürde. Dr. Reimann fordert daher Erleichterungen im Beweisrecht, insbesondere sollte für den Nachweis der Kausalität eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügen.

Des Weiteren besteht Handlungsbedarf bei Schäden durch Arzneimittel oder fehlerhafte Medizinprodukte. Seit der Neuregelung des Arzneimittelgesetzes im Jahr 2002 gab es in Deutschland keinen Fall, in dem ein Arzneimittelhersteller zu Schadensersatz verurteilt wurde, selbst in gravierenden Fällen wie dem des Schmerzmittels Vioxx, das 2004 vom Markt genommen wurde.

Die zunehmende Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin wirft zusätzliche Fragen auf. Patientinnen und Patienten müssen in der Lage sein zu verstehen, ob ein Schaden durch einen Fehler des behandelnden Personals oder einen Mangel des eingesetzten KI-Systems verursacht wurde. Dr. Reimann betont auch die Bedeutung der Fehlervermeidung und fordert die gesetzliche Pflicht zur Meldung von „Never Events“, also schwerwiegenden und vermeidbaren Schadensereignissen.

Die Vorschläge des AOK-Bundesverbandes zur Weiterentwicklung der Patientenrechte basieren auf langjähriger praktischer Erfahrung im Behandlungsfehlermanagement. Die AOK-Gemeinschaft, die jährlich rund 15.000 Fälle vermuteter Behandlungs- und Pflegefehler prüft, sieht täglich die Grenzen des aktuellen Gesetzes. Diese Erfahrungen unterstreichen die Dringlichkeit, von der Diskussion zur tatsächlichen Umsetzung überzugehen und die Patientenrechte in Deutschland substantiell zu stärken.