Ein Forschungsteam aus dem Fachbereich Informatik der Universität Hamburg war im Forschungsrahmenprogramm „Horizont Europa“ erfolgreich und koordiniert seit Anfang 2024 ein internationales Konsortium für die Entwicklung einer föderierten Gesundheitsdateninfrastruktur. Das Projekt „dAIbetes“ konzentriert sich auf die Nutzung digitaler Zwillinge als Prognoseinstrument für das personalisierte Krankheitsmanagement unter Wahrung der Privatsphäre.
Die „dAIbetes“-Kooperationspartner aus sieben Ländern werden die Daten von ca. 800.000 Typ-2-Diabetes-Patientinnen und -Patienten aus vier weltweit verteilten Kohorten in einem spezialisierten föderierten Datenbanknetzwerk zusammenführen und zum Trainieren prognostischer digitaler Zwillingsmodelle verwenden. Mithilfe einer speziellen Softwareplattform werden diese Modelle in der realen klinischen Praxis validiert.
„Unser primäres Ziel ist eine föderierte Gesundheitsdatenplattform mit den ersten international trainierten digitalen Zwillingsmodellen, um eine personalisierte Vorhersage von Behandlungsergebnissen bei Typ-2-Diabetes machen zu können. An Typ-2-Diabetes leidet weltweit jeder zehnte Erwachsene und es werden jährliche Ausgaben von ca. 893 Mrd. Euro verursacht“, sagt der Bioinformatiker Prof. Dr. Jan Baumbach vom Fachbereich Informatik der Universität Hamburg, der auch die Gesamtkoordination des internationalen Projekts innehat.
Bei den zu entwickelnden digitalen Zwillingen handelt es sich um digitale Abbilder von Patientinnen und Patienten, die sehr effektiv für medizinische Prognosen eingesetzt werden können. Die Erstellung solcher Modelle ist komplex, da große Datenmengen aus verschiedenen Quellen von den „dAIbetes“-Kooperationspartnern benötigt werden. Die Datenschutzvorschriften der verschiedenen Länder stellen dabei ebenfalls eine große Herausforderung dar.
Zu diesem Zweck setzt das Projekt auf föderiertes Lernen, eine datenschutzfreundliche Methode, um Modelle der künstlichen Intelligenz auf verteilten Datensätzen zu trainieren. Die Daten bleiben dabei stets hinter sicheren Firewalls und werden nicht in eine Daten-Cloud hochgeladen. Dieser Ansatz gewährleistet den Schutz sensibler Patientendaten und ermöglicht gleichzeitig die effektive Nutzung von Big Data.
„Letztendlich werden die Ergebnisse dazu beitragen, den derzeitigen Mangel an Leitlinien für die zu erwartenden Behandlungsergebnisse für individuelle Patienten und Patientinnen zu beheben. Zudem wird unsere föderierte Gesundheitsdatenplattform als Blaupause für die nächste Generation von Patientenregistern dienen“, sagt Baumbach.
Das Projekt „dAIbetes“ verbindet 13 internationale Projektpartner, hat eine Laufzeit von fünf Jahren, wird durch die Universität Hamburg koordiniert und verfügt über ein Gesamtbudget von 9,5 Millionen Euro – wovon mehr als zwei Millionen Euro auf das Hamburger Teilprojekt entfallen.
„dAIbetes“ bringt ein multidisziplinäres Konsortium mit Fachwissen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Softwareentwicklung, Datenschutz, Cybersicherheit sowie Diabetes und deren Behandlung zusammen. Ziel der Zusammenarbeit ist die Entwicklung eines Konzepts für die Überwindung des Widerspruchs zwischen Datenschutz und Big Data in der länderübergreifenden Diabetesforschung und darüber hinaus, um die Grenzen der medizinischen Forschung zu erweitern, Behandlungsergebnisse zu verbessern und zur weltweiten Entwicklung der Präzisionsmedizin beizutragen.
Konsortiumspartner: Universität Hamburg, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, tp21 GmbH (Deutschland), The Brigham Women’s Hospital, Joslin Diabetes Center (USA), Gnome Design SRL (Rumänien), Medizinische Universität Wien, Research Institute AG & Co KG, SBA Research gGmbH (Österreich), Università Degli Studi Della Campania Luigi Vanvitelli, Università Degli Studi Di Roma La Sapienza (Italien), Region Stockholm (Schweden), Semmelweis Egyetem (Ungarn)
„Horizont Europa“ ist das neunte Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union, das darauf abzielt, eine wissens- und innovationsgestützte Gesellschaft und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft aufzubauen sowie gleichzeitig zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.