Deutschlands größten Pflegedienst stärken!

„Deutschlands größter Pflegedienst“, das sind die pflegenden Angehörigen. „80 Prozent der Pflegebedürftigen werden in der Häuslichkeit gepflegt“, erklärte Chris Behrens von der AOK Nordost zum Beginn der Podiumsdiskussion. Und wie bei allen Diskutierenden auf dem Podium war spürbar, dass er genau weiß, wie es ist, wenn jemand plötzlich oder schleichend die Pflege für eine/n Familienangehörige/n übernimmt – und welche Art der Unterstützung dann notwendig wird. Dabei fehle es weder an Angeboten noch an Kompetenzen, wie diese Unterstützung aussehen kann. Doch es müsse endlich Schluss sein mit Pilotprojekten und Modellen, gebraucht werde eine funktionierende Versorgung in der Fläche!

„Dabei geht es um mehr als nur Beratung zu körperlichen Verrichtungen. Die Menschen brauchen ein Gegenüber, jemanden, mit dem sie sprechen können und der sie begleitet“, sagte Behrens.

Gemeinsam mit der Experten Pflege Service GmbH (E.P.S.) engagiert er sich für eine aufsuchende Pflegefachberatung.

„Jede Situation sei individuell“, ergänzte Anne Cathrin Schroedter, Geschäftsführerin der E.P.S.:

Nur im häuslichen Umfeld und im ausführlichen Gespräch könnten die Fachkräfte wahrnehmen, welche Bedürfnisse konkret vorlägen. Dabei gelte es auch das Umfeld einzubeziehen, etwa die Nachbar/innen, Selbsthilfegruppen, aber auch Arbeitgeber oder die Schule, betonte Dr. Hanneli Döhner, Vorstandsvorsitzende der Allianz pflegende Angehörige.

Denn Pflegende, das seien keineswegs nur die ebenfalls alt gewordenen Ehegatt/innen. Viel zu oft vergessen würden junge Pflegebedürftige, zudem übernehmen auch sehr junge Menschen oft große Verantwortung. Daher müsse es möglich sein, dies mit Schule oder Beruf zu verbinden. Zudem müsse es den Menschen erleichtert werden, den Zugang zu den verschiedenen Angeboten zu finden.

Die Hausarztpraxis oder auch die Apotheke könnten hier eine wichtige Rolle spielen. Dr. h. c. Andreas Westerfellhaus, bis Dezember 2022 Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung und Mitbegründer des Deutschen Pflegetags, führte das Konzept eines Kopiloten ein: einer Person, die ansprechbar ist für alle Fragen, die in der täglichen Pflege auftauchen können, und die den Kontakt zu entsprechenden Hilfsangeboten herstellt.

Er verwies auf Dänemark, wo in den Kommunen solche Ansprechpartner/innen präsent seien – dort kennt man diese Personen und kann sie niedrigschwellig ansprechen.

„Auf dem Spiel stehe letztlich das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe“, sagte Anne Schroedter: „Nur wenn Pflegebedürftige und pflegende Angehörige passgenau unterstützt würden, könnten sie weiter an gesellschaftlichen Aktivitäten teilnehmen. Dafür sollten auch die verschiedenen Akteure nicht in Konkurrenz zueinander gehen, sondern an einem Strang ziehen – für die Menschen“.

Das Gespräch fand im CityCube in Berlin statt – im Zentrum der Hauptstadt. Und dorthin, in die Mitte der Gesellschaft, gehört das Thema Pflege insgesamt, darin waren sich die Expert/innen einig, die den Deutschen Pflegetag für ihr Podiumsgespräch nutzten. Im privaten Bereich und in den Medien müssen wir die Verdrängungshaltung überwinden – denn Pflege geht jede/n an. Claudia Röttger, Chefredakteurin des Senioren Ratgebers, die die Diskutierenden immer wieder präzise an die Schmerzpunkte geführt hatte, nahm dies auch als Aufforderung für sich als Medienvertreterin mit.