Ist ein Toilettenverbot zulässig?

Immer wieder berichten verzweifelte Schüler und Studenten im sozialen Netzwerken, das Lehrer/in oder Dozent/in, seinen Schüler bzw. Studenten während des Unterrichtes, Vorlesung und Prüfung verbietet, auf die Toilette zu gehen. Auch einige Arbeitgeber schränken den Toilettengang seiner Arbeitnehmer so ein, dass diese nur noch auf Windeln ausweichen können. Ich kann mich auch daran erinnern, dass man während der fünfstündigen Zwischenprüfung nicht auf Toilette gehen durfte.

Auf der Patrik Henry High-School in San Diego (Washingen) gab es einen ähnlichen Fall, wo eine Lehrerin einer Schülerin den Gang zur Toilette verboten hatte. In einer Abstellkammer im hinteren Bereich des Klassenzimmers musste eine damals 14-jähriges Mädchen in einem Eimer urinieren. Bei bekannt werden des Vorfalls wurde die Lehrerin vom Dienst suspendiert. Die Schülerin bekam umgerechnet 1,25 Millionen Dollar (knapp 1,16 Millionen Euro) Schadenersatz und 41.000 Dollar für Arztrechnungen zugesprochen.

Wie sieht es nach deutschen Recht aus? Muss man sich an den Anweisungen der Lehrer halten, wenn der Toilettengang verboten wird? Auch in Deutschland oder besser gesagt in der gesamten Europäischen Union ist das Verbot von Toilettengängen strafbar. Geregelt ist dies im Artikel 3 der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK).

Wie im Fall des 14-jährigen Mädchens der Patrik Henry High-School können schwere psychische Folgeschäden entstehen. Das Mädchen hatte sogar versucht sich umzubringen. Sie litt an Depressionen und Angstattacken. Die Rechtslage ergibt sich wie folgt: Zum einen liegt ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK (Verbot der Folter und unangemessenen Behandlung sowie Art. 1 und 2 Grundgesetz vor und können folgende Straftatbestände verwirklicht werden:

Körperverletzung im Amt gemäß § 340 StGB (Schüler und Studenten)
Misshandlung Schutzbefohlener gemäß § 225 I StGB (Schüler)
Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht gemäß § 171 StGB (Schüler)
Nötigung gemäß § 240 I StGB (Schüler und Studenten)
Beleidigung gemäß § 185 StGB (Schüler und Studenten)

Es ist ein elementares Grundrecht, seine Notdurft ungehindert auf Toiletten verrichten zu dürfen. Auch der Staat darf den Toilettengang z.B. bei seiner Vernehmung oder Gerichtsverhandlung nicht gehindert werden. Gefangene in Guantanamo oder bei zahlreichen Foltermethoden wurden denen der Toilettengang verwehrt. Diese mussten entweder ihre Notdurft in der Hose verrichten oder bekamen eine Windel angezogen. Den Gefangen sollte so das Selbstwertgefühl genommen werden.

Ein Toilettenverbot stellt für das Opfer eine massive Menschenrechtsverletzung, sogar eine Folter oder unangemessene Verhaltensweise gemäß Art. 3 EMRK dar, was unter Strafe steht. Der Rechtsanwalt Dr. Thomas Etzel von der gleichnamigen Rechtsanwaltskanzlei rät auf Anwalt.de, dass Schüler, Studenten und Eltern sich derartige Verbote nicht gefallen lassen und notfalls dagegen rechtlich vorgehen sollten.

Mehr Infos zum Thema findest du im Artikel vom Rechtsanwalt Dr. Thomas Etzel findest du auf Anwalt.de.

Redaktion

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