Gesundheitswesen

Wie Sprachassistenten in der Pflege ankommen

Wenn im Stationszimmer ein Lämpchen leuchtet, weiß zunächst niemand, was los ist: Ein Notruf, Unterstützungsbedarf beim Aufstehen oder nur Kaffeedurst? Würden Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern und Pflegeheimen einen Sprachassistenten nutzen, könnte sich das Pflegepersonal viele Wege sparen. Und auch bei Aufgaben wie der Dokumentation könnte ein Assistent viel unliebsame Arbeit abnehmen. Aber wünschen sich Pflegende das? Würden sie einem solchen System vertrauen? Das untersucht das Projekt „dexter“ an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Darüber berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der RUB.

Verwandt mit Alexa, aber datenschutzkonform

Das eigens von einem Projektpartner entwickelte Sprachassistenzsystem dexter ist – ähnlich wie seine Verwandten Alexa, Siri und Co. – ein smarter Lautsprecher, allerdings datenschutzkonform. Aufgeweckt von einem Codewort kann er beispielsweise eine Sprechverbindung zwischen Patienten- und Stationszimmer herstellen. Er könnte dem Pflegepersonal einen Prioritätenvorschlag machen, wenn mehrere Anfragen aus mehreren Zimmern vorliegen. Er könnte als Übersetzer einspringen, wenn die Kommunikation zwischen Personal und Patient aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten hakt. Oder er könnte direkt vom Bett aus auf der Basis gesprochener Sätze bei der Dokumentation helfen, die im klinischen Alltag viel Zeit braucht.

„Möglichkeiten gibt es jede Menge“, fasst Prof. Dr. Sebastian Merkel zusammen. Der Juniorprofessor für Gesundheit und E-Health aus der Fakultät für Sozialwissenschaft der RUB und sein Team wollen wissen: Welche Möglichkeiten sind sinnvoll? Was wünschen sich Pflegende? Wie nehmen Patienten und Personen, die in Seniorenheimen leben, das System an?

Überraschend wenig Vorbehalte

In mehreren Workshops diskutierten Merkel und sein Team mit Pflegekräften, was sie sich vorstellen können und wünschen würden, wenn es ein Sprachunterstützungssystem gäbe, das datenschutzkonform einsetzbar wäre.

„Es gibt ein landläufiges Narrativ, dass Pflegende solche technische Unterstützung generell eher ablehnen, weil sie ihren Beruf als menschennah auffassen und sich durch Technik darin gestört fühlen“, berichtet Sebastian Merkel.

Von den Ergebnissen der Workshops waren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher überrascht: „Es gab nur sehr wenige Vorbehalte bei den Teilnehmenden gegenüber einem Sprachassistenzsystem“, so der Forscher. Allem voran wünschten sich die Pflegenden Unterstützung bei der Dokumentation. Auf Platz zwei stand die Unterstützung bei Übungen in der Therapie oder Rehabilitation. Im nächsten Schritt wollen die Forschenden sich die Interaktionsmuster von Personen mit dem Gerät anschauen.

Förderung

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit September 2021 für zwei Jahre gefördert. Die Federführung hat das Start-Up „dexter health“, das den Smartspeaker dafür eigens entwickelt hat.

Redaktion

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