Gesundheitswesen

Jeder Zweite kann aktuell die Pflege zuhause nicht mehr finanzieren

Steigende Energiepreise, eine Inflation von aktuell rund 10 Prozent, Tariflohnanpassungen von ambulanten Pflegekräften und dennoch noch keine Erhöhung der Pflegeleistungen belasten die häusliche Pflege momentan sehr. Deutlich zeigt das eine Umfrage von pflege.de: 48 Prozent der Befragten können die Pflege zuhause nicht mehr wie vorher finanzieren. Eines der Hauptprobleme: Die Pflegeleistungen reichen nicht mehr für die Stunden, die die Befragten vom ambulanten Pflegedienst und Dienstleistern wie Haushaltshilfen und Alltagsbetreuer dringend benötigen. Angesichts der Umfrageergebnisse und der momentanen Situation fordert Tiktoker Abdul Rashid Hamid (pflege.smile) den Bund auf, aktiv zu werden.

Jeder Zweite macht sich Sorgen aufgrund der steigenden Pflegekosten

Kann ich die Pflege zuhause weiterhin finanziell tragen? Diese Frage stellen sich viele Pflegebedürftige und pflegende Angehörige momentan. Laut einer Umfrage von pflege.de machen sich 50 Prozent Sorgen in Hinblick auf die steigenden Pflegekosten, die durch die Inflation, Mehrkosten für Strom- und Heizkosten sowie höhere Löhne von Pflegediensten stetig steigen.

Finanziell nicht mehr tragbar? Schon jetzt können sich 48 Prozent die Pflege zuhause nicht mehr leisten

Diese Sorgen sind nicht unbegründet. Denn die pflege.de-Umfrage zeigt: Bereits jetzt können 48 Prozent der Befragten die Pflege zuhause nicht mehr ausreichend finanzieren. Bei weiteren 36 Prozent ist die Finanzierung nur noch knapp möglich. Nur 7 Prozent der Befragten können sich die Pflege zuhause aktuell mit den Pflegeleistungen ohne Probleme tragen.

Viele können sich die benötigten Stunden für professionelle Unterstützung nicht mehr leisten
Ambulanter Pflegedienst, Haushalts- und Einkaufshilfen oder Alltagsbetreuung – viele benötigen die Unterstützung professioneller Kräfte bei der Pflege zuhause. Hier liegt das Hauptproblem der Kostensteigerungen: Ausreichend Stunden an solcher Unterstützung können viele nicht mehr finanzieren. So gibt jeder Siebte an, dass der ambulante Pflegedienst nicht mehr für die benötigten Stunden kommen kann. Jeden Dritten belastet, dass durch die Teuerungen nun über den Entlastungsbetrag (125 € monatlich) nicht mehr genug Stunden zusätzliche Betreuung- und Entlastungsleistungen in Anspruch genommen werden können.

Lars Kilchert, Gründer und Geschäftsführer von pflege.de, kennt das Problem:

„Wir hören von immer mehr pflegebedürftigen Menschen und pflegenden Angehörigen, die durch die Preissteigerungen massive Probleme bekommen, die Pflege und Betreuung zuhause zu sichern. Das Problem ist, dass die Kosten steigen, während mögliche Erstattungssätze für Pflege oder Hilfsmittel gedeckelt sind.“

Abdul Rashid Hamid, der auf Tiktok und Instagram unter dem Namen pflege.smile aktiv ist und selbst einen ambulanten Pflegedienst in Hamburg leitet, kennt diese Schwierigkeit ebenfalls:

„Durch die Inflation und den damit verbundenen erhöhten Preisen, welche an der Pflegebranche nicht vorbei gehen, sind Hürden geschaffen wurden, die wir jetzt erstmal überstehen müssen. Die Preise für pflegerische Leistungen wurden drastisch erhöht, was zur Folge hat, dass pflegebedürftige Menschen sich kaum noch Leistungen einkaufen können.“

Befragte suchen nach ehrenamtlicher Hilfe für Pflege zuhause

Um weiterhin die Pflege zuhause zu ermöglichen, reduzieren 39 Prozent der Befragten die Stunden beim ambulanten Pflegedienst. 37 Prozent wollen sich ehrenamtliche Hilfe suchen, die beim Haushalt oder dem Einkauf unterstützen kann. 26 Prozent wollen sparsamer mit Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch umgehen, damit diese für eine längere Zeitspanne reichen.

Dazu meint Lars Kilchert, Gründer und Geschäftsführer von pflege.de:

„Die finanzielle Situation in der Pflege zuhause ist schon seit längerem angespannt. Die aktuellen Preissteigerungen, die die häusliche Pflege betreffen, sind besorgniserregend. Die Politik darf nicht zulassen, dass dies wieder auf den Schultern der pflegenden Angehörigen ausgetragen wird, die keine Lobby haben.“

Pflegedienstleiter und Tiktoker Rashid Hamid schließt sich dem an:

„Wer auf Angehörige für die Pflege zurückgreifen kann, ist klar im Vorteil. Für viele ist das aber keine Option. Viele Menschen haben keine pflegenden Angehörigen. Diese sind auf sich allein gestellt und haben nur den Pflegedienst.“ Er fordert daraufhin: „Wie soll das weiter gehen? Diese Umstände sind dramatisch und nicht zu unterschätzen. Ich fordere die Bundesregierung auf, dagegen zu steuern.“

Die Befragung wurde als Online-Umfrage auf der Seite von pflege.de im August und September 2022 durchgeführt. Die Befragung war anonym. Insgesamt haben 213 Personen an der Umfrage teilgenommen.

Redaktion

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