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Einführung von Geheimpreisen für Arzneimittel ist ein Irrweg

Aus Anlass der heutigen Verbändeanhörung zum Referentenentwurf für ein Medizinforschungsgesetz (MFG) warnt der AOK-Bundesverband eindringlich vor der Einführung von vertraulichen Erstattungspreisen für neue Arzneimittel. Die Versichertengemeinschaft werde durch die Einführung von Geheimpreisen finanziell erheblich belastet. Zudem drohe ein massiver Bürokratieaufbau bei den gesetzlichen Krankenkassen.

Anders als in der Pharmastrategie angekündigt, sei durch die geplante Regelung mit erheblichen Transaktions- und Verwaltungsaufwänden bei den gesetzlichen Krankenkassen zu rechnen, so die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann: „Das ist das Gegenteil des in der Pharmastrategie versprochenen Bürokratieabbaus. Wir müssten ganz neue Prozesse zur Rückerstattung von Überzahlungen an die pharmazeutischen Unternehmer inklusive eines neuen Mahnwesen aufbauen.“ Allein dadurch sei perspektivisch mit erheblichen zusätzlichen Bürokratiekosten im dreistelligen Millionenbereich pro Jahr zu rechnen.

Weitaus größer seien die zu erwartenden finanziellen Folgewirkungen durch die Zerstörung bisher gut funktionierender Mechanismen zur Preisregulierung: „Die geplante Regelung zu den vertraulichen Erstattungsbeträgen kollidiert mit einer ganzen Reihe von bestehenden Instrumenten der GKV für eine wirtschaftliche Arzneimittel-Versorgung, die auf Preisvergleichen basieren“, warnt Reimann. So könnten Ärzte oder Apotheken die Kosten einer Therapie ohne Kenntnis der tatsächlichen Erstattungsbeträge nicht mehr abschätzen und Medikamente entsprechend preisgünstig verordnen beziehungsweise abgeben.

Liquiditätsverschiebungen und Kostensteigerungen

Außerdem drohen aus Sicht der AOK durch den aufwändigen und langwierigen Prozess der Nacherstattung, der im Entwurf vorgesehen ist, erhebliche Liquiditätsverschiebungen und Kostensteigerungen. Im Ergebnis würde die Einführung vertraulicher Erstattungspreise zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen der Versichertengemeinschaft zugunsten der Gewinne der pharmazeutischen Herstellerführen.

„AOK und Co. müssten den Pharmafirmen, die in Deutschland ohnehin schon einzigartig gute Marktbedingungen haben, quasi einen zinslosen Kredit in Milliardenhöhe geben und zugleich sämtliche Lasten für die Durchführung und Umsetzung der neuen Regelungen tragen. Der Plan zur Einführung von Geheimpreisen ist daher ein Irrweg“, so Reimann.

Jenseits der Regelungen zu den vertraulichen Erstattungspreisen enthält der Referentenentwurf zum Medizinforschungsgesetz auch eine ganze Reihe von sinnvollen Regelungen, um die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland zu verbessern.

„Der Abbau von bürokratischen Hürden und die Beschleunigung von Prüfverfahren für die Initiierung und Durchführung von medizinscher Forschung werden von uns ausdrücklich begrüßt“, betont AOK-Vorständin Carola Reimann. Allerdings müsse auch unter den veränderten Rahmenbedingungen die Patientensicherheit im Blick behalten werden, die durch beschleunigte und vereinfachte Prüfverfahren nicht gefährdet werden dürfe.

Redaktion

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