Ausschreibungen für Windeln nicht mehr notwendig

Das von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetz (HHVG) tritt in diesen Tagen in Kraft. Es enthält zahlreiche Regelungen zur Verbesserung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung. So schließt das Gesetz für individuelle Hilfsmittel-Anfertigungen und für Hilfsmittel mit hohem Dienstleistungsanteil Ausschreibungen zukünftig aus. Das ist eine gute Nachricht beispielsweise für Patienten, die mit Stoma-Hilfsmitteln oder ableitenden Inkontinenzprodukten versorgt werden. Darauf weist die Initiative „Faktor Lebensqualität“ im Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) hin.

Der Bundestag verabschiedete am 16. Februar 2017 nach langer und intensiver Diskussion das Heil- und Hilfsmittel-Versorgungsgesetz (HHVG), nachdem sich die Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln auch in Folge von Ausschreibungen verschlechtert hatte. Die Neuregelungen des HHVG wirken diesen negativen Entwicklungen entgegen und sichern eine für die Patienten notwendige Qualität in der Hilfsmittelversorgung – durch Regulierung der Ausschreibungspraxis und Qualitätssicherung der Versorgungen in Ausschreibungen.

In einem wichtigen Punkt präzisiert das Gesetz den Bereich der Versorgung, für den Ausschreibungen nicht zur Anwendung kommen sollen. Im Paragraf 127 Sozialgesetzbuch Fünf (SGB V) hieß es dazu bislang: „Für Hilfsmittel, die für einen bestimmten Versicherten individuell angefertigt werden, oder Versorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil sind Ausschreibungen in der Regel nicht zweckmäßig.“ Das HHVG streicht den Zusatz „in der Regel“ und schafft damit einen eindeutigeren Rahmen für die Krankenkassen, welche Patientenversorgungen durch Ausschreibungen an die Leistungserbringer vergeben werden können und für welche dieses Mittel nicht zweckmäßig ist.

Da die Stoma- und die ableitende Inkontinenzversorgung sehr individuell und dienstleistungsintensiv sind, sieht die Initiative „Faktor Lebensqualität“ im BVMed auch diese Bereiche klar von der Neuregelung erfasst. Die Initiative unterstützt diese Korrektur, weil sich damit auch für Stoma- und Katheter-Patienten die Chancen verbessern, dass ihre Versorgung nicht durch ungeeignete Ausschreibungen geregelt wird. Beitrittsverträge sind hier die erforderliche Vertragsoption.

Beide Versorgungen erfordern einen hohen Dienstleistungsanteil, weil die Patienten eine sehr individuelle Beratung und Anleitung für den Gebrauch und die individuelle Auswahl und Anpassung ihrer Hilfsmittel benötigen. Die zugrundeliegenden Krankheitsbilder und deren Fortschreiten sind individuell sehr unterschiedlich und die Bedürfnisse der Patienten mit ihren eingeschränkten oder nicht mehr vorhandenen Lebensfunktionen ändern sich im Laufe der Zeit. Daher muss die Hilfsmittelversorgung der Patienten wiederkehrend angepasst werden. Eine unflexible, streng standardisierte Versorgung, wie sie für die Vergabe über Ausschreibungen vorausgesetzt wird, entspricht nicht den Lebensbedürfnissen der Patienten.

Redaktion

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