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AE gegen strenge Regeln von künstlichen Hüft- und Kniegelenken

Die Umsetzung der neuen EU-Medizinprodukteverordnung (MDR), die 2021 in Kraft trat, hat weitreichende Folgen für die Verfügbarkeit künstlicher Hüft- und Kniegelenke. Unter dieser Regulierung leiden insbesondere spezialisierte Implantate, die für Patienten mit einzigartigen anatomischen Bedürfnissen entwickelt wurden. Die MDR verlangt von den Herstellern, sich aufwendigen und kostenintensiven Zertifizierungsprozessen zu unterziehen, die alle fünf Jahre wiederholt werden müssen. Diese strengen Anforderungen machen es unrentabel, kleinere Produktserien oder individuell angepasste Modelle aufrechtzuerhalten, was besonders bei Implantaten, die nicht der Standardgröße entsprechen, zu einem Rückgang der Produktvielfalt führt.

Die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. (AE) sieht in diesen Entwicklungen eine ernsthafte Bedrohung für die Patientensicherheit und -versorgung. Die Organisation plädiert für eine Reduzierung der regulatorischen Lasten, die durch die MDR auferlegt wurden, und schlägt vereinfachte Verfahren für die Zulassung und Rezertifizierung vor, um die Verfügbarkeit maßgeschneiderter Lösungen für Patienten zu verbessern.

Vor der Einführung der MDR war die Zertifizierung von Medizinprodukten ein einmaliger Vorgang, der bestimmte Sicherheits- und Leistungsstandards nachweisen musste. Die neuen, strengeren Vorschriften haben jedoch dazu geführt, dass viele Hersteller ihre Produktpalette einschränken und sich auf Massenprodukte konzentrieren, die höhere Gewinnmargen versprechen. In Deutschland, einem der preissensitivsten Märkte für Endoprothetik weltweit, hat diese Entwicklung zu einem Mangel an spezialisierten Implantaten geführt, die für Patienten mit besonderen körperlichen Voraussetzungen notwendig sind.

Die individuelle Anpassung von Implantaten ist von entscheidender Bedeutung, da die körperliche Beschaffenheit von Patient zu Patient variiert. Beispielsweise benötigt eine kleine, zierliche Frau ein anderes Implantat als ein großer, kräftig gebauter Mann. Die Verfügbarkeit einer breiten Palette von Implantatgrößen und -formen ermöglichte es Chirurgen bisher, maßgeschneiderte Lösungen anzubieten, die eine optimale Passform und Funktionalität gewährleisten.

Die Auswirkungen der MDR gehen jedoch über die Verfügbarkeit von Implantaten hinaus. Die Notwendigkeit, bei abgenutzten Komponenten auf Sonderanfertigungen zurückzugreifen, kann die Wartezeiten für Operationen erheblich verlängern, insbesondere bei Patienten mit speziellen anatomischen Anforderungen. Dies kann zu längeren Krankenhausaufenthalten und einem erhöhten Risiko für Komplikationen führen, vor allem bei älteren Patienten.

Die AE und ihre Mitglieder, darunter renommierte Fachärzte wie Professor Dr. med. Georgi Wassilew und Professor Dr. med. Robert Hube, setzen sich vehement für eine Reform der MDR ein. Ihr Ziel ist es, die Innovationsfähigkeit im Gesundheitswesen zu stärken und sicherzustellen, dass alle Patienten, unabhängig von ihren individuellen anatomischen Gegebenheiten, Zugang zu den bestmöglichen medizinischen Lösungen haben. Sie fordern eine Anpassung der Regulierung, die es ermöglicht, auch Nischenprodukte und spezialisierte Implantate effizient und ohne bürokratische Hürden zu zertifizieren, um eine umfassende und individuelle Patientenversorgung zu gewährleisten.

Redaktion

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